Interview mit Karin Angele, Dozentin im arte fact

Ein Interview mit der Künstlerin und Dozentin Karin Angele

 Frage: Was interessiert dich in der Malerei? Was sind deine Intentionen, Ideen und  aus welchen Quellen schöpfst du deine Bilder?

 

Ich finde es ungeheuer faszinierend, mit welcher kreativen Vielfältigkeit man die unterschiedlichsten Inhalte gestalterisch in der Malerei umsetzen kann. Für mein Empfinden hat es etwas ausgesprochen sinnliches, mit Pinseln oder auch mit den Fingern Farbe auf der leicht nachgebenden Leinwand oder auch auf anderen, widerstandsfähigen Malträgern aufzutragen. Mich begeistert die Vorstellung, dass ich allem, einfach allem auf diese Weise Ausdruck verleihen kann, von meinen Phantasien, Stimmungen bis hin zu den universalsten Themen der Menschheit. Natürlich immer mit kontemporärem Ansatz. Dabei sind spannende Kompositionen, Farbmodulationen, Stilbrüche und die Kombinationen unterschiedlicher Maltechniken von großem Interesse. Die Inspirationen zu meinen Bildern oder Skulpturen beziehe ich aus mannigfaltigen Ansätzen, Eingebungen. Manchmal durch eine bildliche Vision, bei der ich das fertige Bild direkt vor meinem inneren Auge sehe. Ich möchte dann am liebsten sofort alles stehen und liegen zu lassen, die Pinsel in die Hände nehmen und die Leinwand für mich einnehmen. Es nimmt dann Gestalt an in der Form, wie ich es zuvor vor meinem inneren Auge gesehen habe, zu 100 Prozent. Vermutlich weil das Bild bereits in mir existierte. Oder ich begebe mich zu Fuß, meiner Intuition folgend, mit meiner Kamera auf anregende „Pfade“, und fotografiere hunderte Motive und nehme diese entweder fragmentarisch oder auch im Ganzen als Vorlagen für meine Malereien und Arbeiten. Zeichnerische oder grafische Elemente kombiniere ich da sehr gerne.

 

Malerei von Karin Angele (Ausschnitt)

 

Frage: Wie ordnest du deine Kunst ein? Gibt es einen Zeitbezug? Wie steht deine Arbeit im Kontext zur heutigen Malerei?

Da ich interdisziplinär arbeite, lässt sich das nicht bei allen Disziplinen gleich beantworten. Über meine Malerei kann man aber sagen, dass sie figurativ, durchaus mit einer abstrakten Komponente versehen ist. Ich ordne meine Arbeiten in jedem Fall als Reflexion der Gegenwart ein, nehme aber gerne Bezug auf alte traditionelle asiatische oder auch orientalische Motive bzw. greife Ornamente oder Zeichen auf. Inhaltlich nehme ich z.B. bei meinen Wandskulpturen Bezug zur griechischen Antike.

Meine Arbeit steht in vielerlei Hinsicht im Kontext zur heutigen zeitgenössischen Malerei, insofern ich nicht nur auf universale Themen, sondern auch auf aktuelle,  mich inspirierende, oder berührende, gesellschaftspolitische Bewegungen thematisierend eingehe.

 Aber welche Themen ich auch immer angehe, ich denke, dass allein durch die gestalterische Umsetzung selbst, meine Arbeit deutlich im Kontext zur heutigen Malerei steht. Bei komplexeren Themen wende ich gerne stark grafische Elemente, bzw. auch eine streng grafische Umsetzung an, kombiniert mit teilweise realistischen oder sogar fotorealistischen Fragmenten. 

 

Malerei von Karin Angele (Ausschnitt)

 

Frage: Wenn du nicht malen würdest, was würdest du tun? Was interessiert dich außerhalb der Malerei?

Unvorstellbarer Gedanke  Ich denke, ich würde nie auf die Malerei verzichten. Aus welchem Grund auch!? …Vielleicht würde ich mich mehr mit meinen Objekten und Skulpturen, wie auch mit der Fotografie und der digitalen Bildgestaltung beschäftigen -  sind auch beides spannende Medien, bei letzterem würde mir allerdings schon das Haptische fehlen, der Umgang mit Materialien, den Pinseln und der unterschiedlichen Konsistenz der Farben. Ich bin ein offener weltzugewandter Mensch, bin neugierig auf alles. Dies stellt für mich manchmal eine richtige Herausforderung dar, da dann Prioritäten zu setzen. Das kommt, weil ich mich nicht nur mit einer Tätigkeit identifiziere, dafür kann ich zu viel mit ziemlich allen Dingen etwas kreativ anfangen, aber da gibt’s irgendwann ein rein zeitliches Problem. Auf der anderen Seite versuche ich mich aber nicht einschränken, limitieren zu lassen.

 

 Malerei von Karin Angele (Ausschnitt)

Frage: Nenne mir einen Grund mit der Malerei aufzuhören! Gäbe es einen Grund und wenn nicht, was macht die Malerei so „unabdingbar - so unaufhörlich “?

 

Ich kann es mir wirklich nicht vorstellen mit der Malerei aufzuhören. ….. Im Prozess des Malens, ab einem bestimmten Punkt, in völliger Stille, fühle ich mich eins mit ihr.  Solch eine Verbundenheit und Selbstvergessenheit kenne ich auch bei anderen Gelegenheiten, wenn ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin, oder im Schauspiel, wenn ich mit meiner Rolle verschmelze… Aber am Stärksten stellt sich das Gefühl tatsächlich ein, wenn ich an nichts denkend oder erwartend, mich einfach in den Prozess des Malens reinfallen lasse, …Dann „bin“ ich tatsächlich.  Dieser Vorgang beinhaltet die Essenz dessen, was das Leben so schön macht -  Eins zu sein mit allem, im Einklang mit mir selbst zu sein, den inneren Frieden zu finden. Es ist aber nicht nur ein spiritueller Vorgang, ich lebe in der Malerei meine ganze Kreativität aus, ich hinterlasse ohne Worte etwas was mir wichtig ist – es ist für mich zufriedenstellend. Jede Arbeit ist wie ein Kind von mir.

 

Frage: Was ist Dir in deiner Unterrichtstätigkeit wichtig? Worauf legst Du wert?

 

Erst mal ist es mir ein inneres Bedürfnis, Menschen etwas zu vermitteln. Ich denke, das ist eine meiner grundlegenden Eigenschaften. Ich gebe gerne Wissen weiter, und so lasse ich das mir angeeignete Wissen aus unterschiedlichen Gebieten in meinen Unterricht mit einfließen. Ich sehe den Menschen stets gesamtheitlich, gehe auf jeden einzeln ein, und ich freue mich, wenn ich durch das zu Vermittelnde positiv auf die Studierenden einwirken konnte. Das ist mir wichtig. 

Mir ist wichtig, eine Basis zu schaffen, bei der sich jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin für ihr/sein Thema öffnen kann, dass die Teilnehmer bereit sind sich auf den Entwicklungsprozess einzulassen und mir das Vertrauen schenken, um dann prozessbegleitend einzuwirken und ihnen in beratender Funktion zur Seite stehen zu können...

 

Frage: Wenn du selber noch einmal Unterricht nehmen würdest, bei welchen bekannten Künstler/Inn würdest du studieren wollen?

 

Hm.. Also ich hätte so gerne Antoni Tàpies persönlich erlebt. Mich ziehen seine Arbeiten geradezu magisch an. Die Verbindung von Grafik und Malerischem und die Materialität, das Haptische, empfinde ich als äußerst sinnlich und berührend. Und Michelangelo. Leider auch.schon etwas zu spät für eine persönliche Begegnung bzw. ein Studium bei ihm persönlich. Jedenfalls hatte er so brillante Ideen. Er ließ unmerklich sein auf illegalem Weg erworbenes anatomisches Wissen, wie auch eine feinfühlige, aber auch kaschiert direkte Erotik in so intelligenter Weise subtilst in seine Skulpturen und Fresken einfließen. Seinen Auftragsgebern im Vatikan blieben seine meist nicht auf den ersten Blick erkennbaren, aber selbst auch die offensichtlichen Anspielungen glücklicherweise verborgen. Die Verschmelzung von hintergründig und leicht provokativ entspricht mir außerordentlich…. Also wenn ich mir denn Lehrer aus der Historie zu mir hin beamen könnte, dann wäre es eine Kombination von, bzw. müsste es eine Mischung folgender Künstler sein: Antoni Tápies, Michelangelo, Gerhard Richter, Anselm Kiefer, Basquiat und Cindy Sherman

 

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