„Ist Kunst lernbar?“ - Ein Interview mit ehemaligen Studentinnen des Intensivstudiums

Interview mit Chris Karawidas und Nina Herold

Seit über 10 Jahren bietet die Freie Kunstakademie im arte fact Bonn berufsbegleitende Studiengänge zu Malerei und Zeichnung an. Nina Herold und Chris Karawidas studierten nach dem dreijährigen Intensivstudium noch 2 Jahre das Projekt- und Aufbaustudium in der Freien Kunstakademie. Beide arbeiten nun als freischaffende Künstlerinnen in Bonn und Köln. Thomas Egelkamp hat Sie in Ihren Ateliers besucht und nachgefragt, was von 5 Jahren Kunststudium geblieben ist.

Thomas Egelkamp: Wenn Ihr nun zurückblickt, was waren die wichtigsten Erfahrungen die Ihr in Eurem Studium in der Freien Kunstakademie gemacht habt?

Chris Karawidas: Es begann meist schon auf der Rückfahrt von einer Kurseinheit. Mein Blick auf die Dinge veränderte sich: Allein schon die Wassertropfen auf der Windschutzscheibe sahen z.B. künstlerisch gestaltet aus. Ich realisierte: Kunst ist eine Möglichkeit die Welt anders zu betrachten, einen Zugang zum intuitiven Erfahren zu erlangen. Ebenso kann ich anders die Welt selber erschaffen. Ich kann Dinge materialisieren die zuvor gar nicht sichtbar waren.

Nina Herold: Ich habe sicherlich malerisch sehr viel dazugelernt, besonders wichtig war mir aber der konzeptionelle Fokus. Es zeigten sich plötzlich neue Wege, Motive sind in neue Zusammenhänge gesetzt worden. Ich habe mich immer mehr dazu verleiten lassen, die ursprüngliche Idee zu verwerfen und anderes auszuprobieren, mehr Mut zu haben und mehr zu suchen. Die Essenz: jedes Bild kann man immer wieder übermalen.

Nina Herold Malerei

Thomas E: Oft wird gesagt: Kunst kann man nicht lehren noch lernen! Kunst ist nur durch sich selbst zu entwickeln! Warum dann die Auseinandersetzung mit Dozenten und anderen Mitstudenten? Was macht ein solches miteinander studieren aus?

Nina H.: Viele von uns hatten wenig künstlerische Vorbildung als sie mit dem Studium begannen- und ja, man kann Kunst, zumindest das Technische, lernen. Ich war erstaunt wie schnell. Das gemeinsame Studieren hat uns die Möglichkeit gegeben, vielfältige 'Bildprobleme' besprechen und diskutieren zu können, unsere eigenen und die unserer Mitstudierenden. Die Korrekturen waren für mich mit die wichtigsten Erfahrungen im Studium.

Chris K.: Dem kann ich nur zustimmen. Kunst kann man lernen, man kann ja auch ein Musikinstrument spielen lernen. Wir sind von professionellen Dozenten mit Ihren eigenen Lehrkonzepten begleitet und sehr spielerisch zur künstlerischen Produktion verführt worden, was übrigens viel Spaß gemacht macht. Ein Miteinander Studieren in einer künstlerischen Lehr- und Lernsituation hat den Vorteil, nicht jede Erfahrung alleine machen zu müssen. Jeder probiert auf seine Art Dinge aus und alle anderen profitieren davon.

Thomas E.: Wie wichtig ist das Erarbeiten von künstlerischen Grundlagen, wie Zeichnen, Kompositionslehre, Gestaltungstechniken etc. für die Entwicklung einer eigenen künstlerischen „Handschrift"?

Chris K.: Sowas ist in meinen Augen unverzichtbar, hier geht es schließlich um das Rüstzeug, um alles malen zu können, was ich darstellen möchte, sei es Wasser, künstliches Licht, Wind oder Außerirdische. Ich kannte das schon aus meinem universitären Studium der Innenarchitektur, in dem ebenso viele Basiswissen und grundlegende Techniken gelehrt wurde. Im Prinzip war das Kunststudium genauso aufgebaut.

Nina H.: Eigene Handschrift ohne schreiben zu können? Ohne Grundlagen gibt es meiner Meinung nach keine Sicherheit bei bildnerischer Gestaltung. Ich hatte bereits wie Chris sehr früh eine sehr intensive, klassische Ausbildung als Designerin und konnte eine gewisse Handschrift schon mitbringen und dann weiterentwickeln.

Thomas E.: Haben Euch die Vorträge und Seminare sowie Auseinandersetzungen über zeitgenössische Kunst geholfen euer eigenes Kunstschaffen um Impulse und Ideen zu erweitern?

Nina H.: Natürlich hilft jede Auseinandersetzung mit Kunst oder Kunstgeschichte der eigenen Arbeit. Besonders gemeinsame Besuche im Museum brachten neue Blickwinkel auf Bildkonzepte oder künstlerische Themen und einem fundierten Kunstverständnis. Eben ein neues Auge, dafür bin ich sehr dankbar!

Chris K.: Ja, vor allem bei der Bildanalyse. Nicht zu vergessen das dadurch die Möglichkeit geschaffen wurde, sich mit vielen unterschiedlichen Kunstwerken und Künstlern auseinander zu setzen. Da möchte ich noch einen Tipp geben: Man kann nie genug Kunstwerke und Künstlerbiografien anschauen wenn es um Anregungen geht. Schauen! Schauen und immer wieder schauen!

Thomas E.: Wie wichtig war für Euch die Auseinandersetzung mit anderen Mitstudenten und Künstlern? Gibt es nach dem Studium noch Verbindungen?

Chris K.: Bei mir auf jeden Fall - sehr wichtig. Mit den meisten Mitstudenten gibt es immer noch eine herzliche Verbindung. Wir schicken uns die neusten Werke zum Anschauen und auch zur Korrektur zu. Außerdem treffen wir uns mindestens einmal im Jahr im arte fact, um zusammen zu malen und inhaltlich künstlerisch zu arbeiten.

Chris Karawidas

Nina H: Es haben sich Freundschaften entwickelt, die bis in die Gegenwart gehalten haben. Wir tauschen uns aus und versuchen auch regelmäßig, wie Chris schon sagte, zusammen ein interessantes Seminar zu belegen.

Thomas E.: Was sind Eure weiteren Ziele in Eurer eigenen Kunst?

Chris K.: Mich interessieren im künstlerischen Prozess vor alle räumliche Dinge, Installation und Objekte. An diesen Themen will ich in Zukunft weiterarbeiten.

Nina H.: Die Malerei soll mich immer wieder an meine Grenzen treiben, die ich bestenfalls natürlich überwinde. Das Nachdenken über konzeptionelle und auch technische Lösungswege begleitet oft meinen Tag. Der Austausch und die Diskussion mit anderen Malern bereichern mich.

Thomas E.: Danke das Ihr Euch Zeit für das Gespräch genommen habt.

Einblicke in die künstlerischen Arbeiten von beiden finden Sie auf den jeweiligen Webseiten.

Chris Karawidas 
 Nina Herold

Informationen zu unseren Studiengängen erfahren Sie unter: www.artefact-bonn.de/erwachsenen-angebote/studiengaenge/