Kunst und Glück 2

Ein Beitrag von Volker Altrichter

Liebe Freundinnen und Freunde der Kunst,

im ersten Beitrag zu „Kunst uns Glück “ habe ich verschiedene Hindernisse beschrieben, die einen entspannten und genussvollen Umgang mit der künstlerischen Arbeit blockieren könnten.

Im zweiten Beitrag nun, versuche ich weitere Stolpersteine auf den verschlungenen Pfaden zum kreativen „Glück“ aufzuzeigen.

Techniker und Chaoten

Ich erinnere mich an machen „Maltechniker“, dessen Leidenschaft der Auswahl des Maltuches, der optimalen Grundierung, der richtigen Lösungsmittel bis hin zum fachgerechten Auftrag der Farbe galt.  

Ging es aber um die konkrete künstlerische Arbeit jenseits von Techniken, um den kreativen Prozess, konnte man gewisse Unsicherheiten beobachten.

Sein Antipode war der kreative Leichtfuß, der Chaot, dem auf der einfachen Holzplatte vom Sperrmüll mit den billigsten Abtönfarben aus dem Baumarkt ungewöhnliche, schillernde Werke gelangen.

Eine gewisse Sicherheit im Umgang mit dem Material ist im künstlerischen Prozess sicher vonnöten, vor einer Überfokussierung auf Materialkunde, Technik und Material sei jedoch gewarnt, weil es kreative Abläufe hemmen und zu künstlerischer Unbeweglichkeit führen kann.

Die Sache mit dem Stil

Ich habe Menschen erlebt, die als Teilnehmer ein Malerei-Seminar mit dem Hinweis besuchten, sie mögen aber den eigenen Stil nicht verlieren. Diese Haltung weist auf ein grundlegendes Missverständnis hin.

Eine unverwechselbare Handschrift ist uns allen gegeben, darum muss sich niemand bemühen. Was diese Menschen mit Stil meinen, ist eher die Art und Weise wie sie malen.

Mit dieser Vorstellung von Stil formulieren sie geradewegs eine bewusste Selbstreduzierung, die eine kreative Stagnation zur Folge hat.

Das Beharren auf einem, wie auch immer gearteten „Stil“, weist eigentlich nur auf eine verfestigte Gewohnheit hin, die allerdings eine gewisse Sicherheit verspricht und vielleicht sogar ein wenig Anerkennung.                                                                                                                       

Auch erfahrene KünstlerInnen können in diese Falle tappen. Man bezeichnet diesen kreativen Stillstand manchmal als „künstlerische Konsequenz“ und noch schlimmer als „Markenzeichen“. Das Ganze geht oft mit einer unerfreulichen Intoleranz und Dogmatismus einher, statt mit Offenheit und Neugierde.

Dabei gilt es sich in der künstlerischen Arbeit immer wieder in die Terra incognita hinauszuwagen und nicht im toten Land zu verharren.

Also bitte werden Sie nicht zu einem bewegungslosen Zombie, der nichts mehr gelten lässt, sondern erhalten Sie sich einen offenen Geist. Das ist ein sicherer Weg zum Glück.

Vergleichen – ein Gift.

Mir ist klar, dass ich hier eine Binsenwahrheit zum Besten gebe. Doch gerade für diejenigen die gerne etwas „Authentisches“ schaffen möchten, kann das ständige „sich vergleichen“ wie eine seelische Folter wirken und durch alle Bereiche des Denkens metastasieren.

„Sind die Bilder der anderen gelungener?“, „Bekommen die anderen mehr Lob?“, „Wieso bekommen sie eine die Ausstellung und nicht ich?“

Wenn Sie sich mit anderen vergleichen, werden sie vielleicht anfangen unbewusst nachzuahmen und sich damit noch weiter von sich selbst zu entfernen.

Geben Sie alles Vergleichen auf. Jeder ist einzigartig! Damit ist nicht gemeint, dass man besser ist als die anderen, aber man kann dann entspannter lernen sein seine eigene Arbeit zu entwickeln ohne ständig nach links und rechts zu schielen.

Der Weg des Sklaven

Vorab: Sie müssen niemanden etwas beweisen, nicht einmal sich selbst.

Es wirkt in Gesprächen mit Seminar-TeilnehmerInnen manchmal so, als sei die Qualität ihrer Arbeit nicht so wichtig, wie die Anerkennung die sie dafür von außen bekommen. Das wäre fatal, denn damit würde man die Dinge auf den Kopf stellen.

Die künstlerische Arbeit sollte um ihrer selbst willen geliebt werden, denn Lob und Anerkennung können einem das gefährliche Gefühl geben, dass man auf das richtige Ziel zusteuert, selbst wenn es eine Einbahnstraße ist.

Lob und Anerkennung werden zu Mitteln der Manipulation. Sie macht Sie zum Sklaven. Kaum wird das eigene Bild gelobt, kommt große Freude auf. Äußert sich jemand Sekunden später abfällig über das Werk brechen die großen Gefühle wieder in sich zusammen.

Beobachten Sie sich selbst. Ist Ihnen der Wunsch nach Anerkennung wichtig und spukt er während der Arbeit in Ihrem Hinterkopf herum, dann versuchen Sie bitte alles um sich davon frei zu machen.

Pfeifen Sie auf die Meinungen der anderen, das ist in unserer Zeit der „Likes“ und Kommentare revolutionär, subversiv und wichtiger denn je.

Befreien Sie sich, dann kann sich eine erfüllte kreative Arbeit entwickeln!

Unscharfe Ziele

Verfolgen sie keine Ziele sonst fesseln sie sich selbst. Niemand weiß wo die Reise hingeht. Es ist ein großes Abenteuer, nichts für Angsthasen und Kontrollfreaks (die sind besser bei den Maltechnikern aufgehoben- siehe oben).

Statt sofort irgendeiner „Bild-Idee“ hinterher zu rennen, beobachten Sie lieber interessiert was auf der Leinwand passiert. Erlauben Sie dem Bild sich zu entfalten. Abgesehen davon, dass man nie alle Parameter einer Malerei kontrollieren kann, wäre es auch kontraproduktiv.

Dinge wollen manchmal ihren eigenen Weg gehen, Bilder auch. Man muss nicht alles verstehen. Versuchen Sie eine nichtrationale Durchdringung der malerischen Probleme. Unbestimmtheit und Ungewissheit sind genau die Bereiche, in denen sich komplexe Fähigkeiten entwickeln können. Akzeptieren Sie Ihre eigenen Unsicherheiten als wertvolle Hilfe auf der Suche nach Bildlösungen.

Malen sie ohne Überzeugungen und Erwartungen und vor allem ohne Ziele.

Befreien Sie sich von der Vorstellung, dass Malerei Arbeit sei. Freunden Sie sich lieber mit dem Gedanken an, dass die Arbeit auf Leinwand und Papier ein großer Genuss ist und Zeit damit verbringen zu dürfen ein Privileg. Die Haltung wonach Arbeit die primäre Grundlage von Kunst ist, ist sehr deutsch und wurzelt in der trüben Vorstellung, dass nur das von Wert sei, was erlitten und teuer erkauft wird. Das ist natürlich Unsinn. Das künstlerische Schaffen sollte uns zu tiefen Momenten des Glücks und innere Zufriedenheit verhelfen. Und zu nichts anderem.

Wenn sich die Dinge nicht unseren Vorstellungen gemäß verhalten ist das völlig in Ordnung und gut.

Und wenn Sie dann einmal das Gefühl haben, dass Sie sich beim Malen fremd geworden sind, ist das ein Grund zur Freude, weil durch Kontrollverlust endlich Entwicklung stattgefunden hat. Sie sind über sich hinausgewachsen.

In diesem Sinne viel Freude bei der Arbeit und viel Glück

Volker Altrichter

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