Die großen Möglichkeiten

Ein Beitrag von Volker Altrichter

Lieber lehre ich meinen Schülern das Zeichnen, damit sie die Natur lieben lernen, als das Anschauen der Natur, nur um das Zeichnen zu lernen.

John Ruskin 1819 – 1900

Ein Mensch sitzt unter einem Baum, das Skizzenbuch auf dem Schoß, den Stift in der Hand, selbstvergessen zeichnend.

Er schaut sich an was da ist. Ohne Hast bringt er die Linien, die Formen, die Strukturen, die ihm wichtig sind, zu Papier. Alles andere lässt er weg.

Das Licht, der leichte Wind, die Gerüche, das Summen der Welt, fließen in die Zeichnung ein. Hier und dort noch ein bisschen Farbe, dann zieht er weiter.

Er scheint wie aus der Zeit gefallen, eine romantische Figur oder ein komischer Kauz?

Er ist das Gegenbild zum allgegenwärtigen User, dem die blitzschnell agierenden Algorithmen eine optimierte Wirklichkeit aufs Display zaubern, die er dann hemmungslos als „Tatsachen“ in die Welt postet.

Er ist die Antithese zum nicht erlebten Moment, zur nicht stattfindenden Kontemplation, zum verpassten Blick nach Innen.

Der Zeichner vor und in der Natur, kann daher Projektionsfläche sein für unseren Wunsch nach Langsamkeit, Entspannung und tiefem Erleben. Ganz bei sich sein, ganz analog nur mit Papier, Stift und Pinsel die Welt betrachten – welch ein Genuss!

Wenige Schritte in die Anderswelt

Das Erfreuliche ist, dass das Erleben des Zeichners auch zu Ihrem werden kann, wenn Sie folgende Punkte berücksichtigen:

Das Basismaterial Papier und Stift haben Sie zu Hause.

Motive liegen vor der Haustür. Suchen Sie sich einen ruhigen und ungestörten Platz.

Keine Kunst! Zeichnen vor der Natur ist mehr als das. Es ist Ihr persönlicher Zugang zur Welt. Denken Sie nicht an Könnerschaft. Die Blätter, die entstehen, sind großartig und ausschließlich für Sie selbst bestimmt. Sie gehen impertinente Besserwisser nichts an.

Zeit ist kein Problem. Nach Leibnitz sind Zeit und Raum ohnehin nur eine gedankliche Konstruktion. Wenn Sie ein immer Skizzenbuch dabeihaben, werden sich genügend Momente finden, den einen oder anderen Zipfel der Welt darin einzufangen.

Ausreden? Manchmal mag es zu heiß sein und manchmal zu kalt. Das Licht ändert sich ständig und der Wind bringt alles durcheinander. Die Passanten stellen dumme Fragen. Das Format ist zu klein und die Sitzposition unbequem. Das Motiv ist langweilig und, und, und………. 

 

Für Spezialisten                                                                                            

Möchten Sie tiefer in die Materie einsteigen und Ihre zeichnerischen Ausdrucksmittel steigern, dann macht es Sinn, zusammen mit anderen Koryphäen die Natur zu erforschen. Das bringt nicht nur Austausch und Erkenntnis, man lernt außerdem recht schnell dazu. Auch ist es erfahrungsgemäß besser, die eine oder andere etwas komplexere Technik (z.B. das Aquarell) erst einmal im Atelier und unter Anleitung zu erproben, bevor man sich alleine unter den weiten Himmel begibt.

Vieles gibt es auszuprobieren: Bleistift, Buntstift, Kreiden, Tusche, Kugelschreiber, Aquarell, Gouache und deren vielfältige Kombinationen.                                        Von der elegant akademischen Naturstudie bis hin zur höchst eigenwillig verzeichneten und verformten Realität – alles hat seine Berechtigung und seinen Platz auf dem Papier.

Das arte fact bietet Ihnen eine Reihe von Zeichenseminaren, die wöchentlich und an den Wochenenden oder als ganze Seminarwochen stattfinden. Um sich selbst ein Bild zu machen, finden Sie Unterrichtsbeispiele in unseren Fotogalerien.

Ich wünsche Ihnen viel Freude mit Stift und Papier im Freien – auch wenn es nur auf Ihrem Balkon ist!

Viel Spaß dabei!

Volker Altrichter

 

Volker Altrichter, Künstler und Dozent

Zu den Seminaren von Volker Altrichter